Defekte Dichtung an einer BR 23

Das Dampfjahr 2019 startete leider nicht für alle unsere Loks gut. Direkt am ersten Fahrtag verabschiedete sich eine 18 Jahre alte Dichtung im Bereich des linken Zylinders einer Baureihe 23. 

Auf dem Bild sieht man die ersten (leider erfolglosen) Reparaturversuche noch auf der Anlage.

 

Schnell war klar, dass dies nicht ohne großen Aufwand zu beheben sein wird. Der Fahrtag konnte noch zu Ende gebracht werden, aber die Saison war für diese Lok leider gelaufen. 

 

In diesem Beitrag nehmen wir Euch mit und zeigen Euch, wie die Reparatur im Laufe der Monate fortgeschritten ist.


Zuhause in der Werkstatt war die Demontage des linken Zylinders erforderlich. 

Die Zylinder-Verkleidung war bereits auf der Anlage demontiert worden. 

Bei genauen Betrachtung des unteren Fotos kann man den Defekt bereits erahnen. (roter Kreis)

 

Zur Demontage des Zylinders war es notwendig das Umlaufblech, die Vorlaufachse inklusive Federung und das Abdeckblech unterhalb der Rauchkammer abzumontieren. 

Als nächstes wurde die komplette Steuerung inklusive Treibstange entfernt.

Kleinigkeiten wie Zylinderentwässerung, Frischdampfleitung und weiterer Teile komplettierten das Geschehen. 

 

Da die Zylinder ursprünglich montiert wurden, als noch kein Kessel und keine Rahmenabdeckungen vorhanden waren, war der Ausbau bei vorhandenen Teilen stark erschwert. 

 


Hier sieht man nun den bereits abgenommenen hinteren Zylinderdeckel. Auch hier erkennbar, dass auch hier eine Dichtung vorhanden ist, aber nicht die Problemursache ist. 


Hier ist der Kolben, welcher sonst im Zylinder ist, gezogen. 

Sichtbar sind die Kolbenringe, welche 18 Jahre Betrieb hinter sich haben. Sie sind in einem einwandfreien Zustand, jedoch die Gelegenheit nutzend, werden auch diese gegen neue Ringe gewechselt. 

 

Im unteren Bild ist der Unterschied klar zu erkennen. 

Da es die Ringe noch käuflich zu erwerben gibt, war der Wechsel hier einfach.

 

Auch die Ringe der Steuerkolben wurden ausgewechselt!

 

 


Nun ging es an die Fertigung der neuen Dichtungen. Wer glaubt, dass man Dichtungen mit Schere und Freihand anfertigen kann, kann falscher nicht liegen. 

 

Da die Dichtungen später passgenau auf die Dichtflächen aufliegen müssen und bis zu 24 Bohrungen passen müssen, ging es im nächsten Schritt an die Anfertigung der Schablonen. 

 

Eigentlich hätten diese Schablonen noch vom Bau der Zylinder existieren müssen... 

Leider waren diese im Zuge der 18 Jahre abhanden gekommen.

 

Somit war der größte Anteil der Reparaturzeit die Herstellung der Schablonen. 

 

Im nebenstehenden Bild sind die verschiedenen Schablonen zu sehen. Hier bekommt man einen Eindruck, wieviele unterschiedliche Dichtungen in einem Zylinder verbaut sind. 

Insgesamt handelt es sich um 19 Dichtungen, die für die Funktion des Zylinders sorgen.  

 

Auf der nebenstehender Zeichnung kann man die verschiedenen Einzelteile des Steuerzylinders erkennen. 


Auf der Bilderreihe sieht man die Entstehung einer relativ einfachen Dichtung. Die Schablone wurde auf einem Flachbettfräser nach vorliegenden Zeichnungen in Form gebracht und mit Hilfe von Schraubzwingen auf dem Dichtungsmaterial fixiert.

 

Das Ausschneiden erfolgte mit einem Skalpell, welches nach zwei Schnitten stumpf war. Dies spricht für die Haltbarkeit der neuen Dichtungen!

 

Die notwendigen Löcher (auf den Bildern nicht zu erkennen) wurden im Anschluss passend zu den vorhandenen Ausströmkasten gebohrt. 


Es geht zur Montage!

 

Hier zu sehen sind Zylinderdeckeldichtung und die Dichtfläche des Ausströmkasten, mit bereits aufgelegter neuer Dichtung. 

 

Zusätzlich wurden die Muttern für die Befestigung des Ausströmkastens von Schlüsselweite 5 auf 4 geändert (neue Muttern), da die Demontage des Ausströmkastens nur noch mit der Zange und nicht mehr mit dem Schraubenschlüssel möglich war.

 

Das zweite Bild gibt einen Zwischenschritt bei der Montage wieder.


Auf dem nebenstehenden Bild sind die Überreste einiger alter Dichtungen zu sehen. 

 

Vor 18 Jahren standen wir vor dem Problem, dass Dichtungen für hohe Temperaturen asbesthaltig waren. 

Da wir diese nicht verwenden wollten, haben wir Dichtungen aus Abil-Dichtungspapier verbaut. Diese waren nicht für so hohe Temperaturen ausgelegt (bis max. 150 Grad Celsius).

Dieses Risiko sind wir aber bewusst eingegangen.

 

Die neuen Dichtungen enthalten, anstelle des nicht mehr erlaubten Asbest, die so genannten Aramidfasern, welche bis zu einer Temperatur von 300 Grad Celsius beständig sind. 

Wir gehen daher davon aus, das diese mindestens die nächsten 18 Jahre wieder halten werden. 


Die Montage hat begonnen!

 

Wie auf dem Bild zu sehen, wurde der rechte Zylinder bereits wieder montiert. 

Auch erkennbar ist, dass die Lok zur Demontage relativ hoch aufgebockt werden musste.

Auf der linken Seite ist auch gut zu sehen, wieviele Bauteile abgeschraubt werden mussten, um überhaupt an die Zylinder heranzukommen. 


Beide Zylinder sind nun montiert. 

Es fehlen noch Vorlaufrad, Umlaufblech, Treibachse, Kolbenstangenschutzrohre, usw...

 

 


Ein Schaden kommt selten allein...

Neben der defekten Dichtung, hatte sich am letzten Fahrtag auch die letzte Achse des Tenders festgefahren. 

Die Demontage war bei weitem nicht so umfangreich wie bei den Zylindern, allerdings erforderte es kreative Ideen, um den gut 80 kg schweren Tender sicher in die Höhe zu bekommen.

Da in den 19 Jahren Betriebszeit die Drehgestelle fehlerfrei funktioniert hatten, musste nun eine Hebevorrichtung her. 

Die Aufhängung (der blaue Haken auf dem Bild) musste veränderbar sein, da sich der Schwerpunkt des Tenders während der Demontage änderte. 

Daher wurde die Aufhängung mittels Gewindestange variabel ausgeführt.


Auf diesem Bild sind die Gleitlager zu erkennen. Eins von beidem hing fest. Es galt herauszufinden welches ;-)

Unschwer sind die Betriebsspuren der letzten Jahre zu erkennen. 


Das auseinander genommene Gleitlager zeigt, dass es keinen dauerhaften Schaden genommen hat. 

Der Einsatz von Öl und einem neuen Schmierfilz hat die Situation gerettet und das Lager ist wieder brauchbar. Die Achse hat Gott sei Dank keinen Schaden genommen!


Um die Situation für die Ölung der Gleitlager zu verbessern, haben wir einen Schlauch an den Öleinlass montiert und provisorisch mit Nylonbindern befestigt. 


Da wir beim Ausbau die Hebevorrichtung schon kennen gelernt haben, war der Wiedereinbau recht einfach.

Nun war die Gesamtreparatur der BR23 nach nunmehr 1,5 Jahren abgeschlossen. (Wir haben uns recht lange Zeit gelassen, da durch Corona kein Dampfbetrieb in dieser Session anstand) 

 

Ob diese erfolgreich war, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen!


Das Andampfen

Bei sonnigem Wetter und unterhalb der Woche, sind wir mit vollbepackten Autos zur Eisenbahnanlage in Brühl gefahren. 

Bevor es draußen nass und kalt wird, wollten wir den Erfolg der Reparatur prüfen. Sollten wir irgendetwas übersehen haben, hätten wir den Winter noch für weitere Werkstattstunden zur Verfügung. 

 

Als kleiner Nebeneffekt wurde die neu eingeschotterte Strecke "eingeweiht"!

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